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Gastkolumne April 2002

 Kürzlich hat Josi Meier, die ehemalige CVP-Ständerätin von Luzern, an einer Zusammenkunft der Altstadtbewohner so richtig losgelegt: Man lebe schliesslich nicht mehr im Mittelalter und es sei nicht einzusehen, weshalb die ganze Stadt mit Bsetzibölle belegt werde. Wenn's regne rutsche man aus und breche sich den Oberschenkelhals und wenn man zwei Deziliter Rahm im Einkaufswägeli nach Hause transportiere sei der dort schon geschlagen. Balkonia hat sich damals nicht in die Diskussion eingemischt, empfand sie unsere Pflastersteine eigentlich immer als recht gemütlich. Bis letzten Dienstag. Kaspar hat mir seinen Transportrolli zur Verfügung gestellt und mit dem bin ich dann am Pflanzenstand vom Markt eingetroffen. Hallo Balkonia, werde ich von allen, die ebenfalls aus dem Winterschlaf erwacht sind und das dringende Bedürfnis nach Blümchen auf ihren Altstadtbalkonen haben, begrüsst. Wie praktisch, sagen sie und schauen etwas neidvoll auf meine Pflanzentransportmöglichkeit. Nur der Blumverkäufer wirkt skeptisch. Er werde mal Schnüre und Kartonschachteln auftreiben. Die Schachteln können man dann auf die Ladefläche binden und dort die Pflanzen reintun. Nicht nötig, meine ich besserwisserisch, schliesslich müsse ich nicht weit und fange an,die Blümchen, welche mich anflehen: "Balkonia, wir wollen zu dir" aufzuladen. Tulpen, Ginster, echte Veilchen, etwas Katzengras für unsere Liebsten und Peterli für uns. Ein hübsch gewachsener Rosmarin will auch noch mit, irgendwann ist das Wägelchen voll und wir fahren vorsichtig los. Nach zwei Metern wird die Petersilie von Bord geschüttelt. Der Verkäufer grinst, ein Ehepaar fragt mich, wohin ich müsse. Schwanenplatz seufzt Balkonia und schaut auf die fünfzig Meter Natursteinpflaster bis dort hin. Die beiden helfen mit, ein Freund von mir gesellt sich noch zu uns und klemmt sich Rosmarin und Ginster unter die Arme. Der Korridor zu Balkonias Wohnungstür ist praktischerweise mit einem Pirelliboden belegt. Das gibt den letzten drei Blumentöpfchen den Rest, sie kullern vom Wagen und werden mit ihren Gspänli liebevoll von uns allen auf den Balkon getragen.

Hallo Balkonia, werde ich von Monika am Telefon begrüsst. Was ich so tue, will sie wissen. Blümchen pflanzen, sage ich harmlos. Um Gottes willen! Doch nicht heute! Monika ist echt entsetzt. Heute sei weder ein Blüten- noch ein Blättertag, die Saat werde nie aufgehen. Ich säe nicht an, ich nehme die Pflanzen aus ihren Plastiktöpfchen und buddle sie in meinen Blumenkisten ein, belehre ich die passionierte Hobbygärtnerin. Das gehe unter die Kategorie Umtopfen, sie schaue grad nach in ihrem Mondphasenkalender, wann ich mit der Arbeit beginnen dürfe, erwidert sie. Mittwoch ab neun Uhr morgens darf Balkonia, bis um fünf müsse ich allerdings damit fertig sein. Heute solle ich gescheiter zum Coiffeur gehen, es sei der ideale Tag zum Haarschneiden. Mein Argument, dass ich jahrelang erfolgreich unseren Balkon ohne Mondkalender bewirtschaftet habe, lässt sie nicht gelten. Ich hätte sicherlich einfach nur Glück gehabt und jedes Mal den richtigen Tag erwischt. Am nächsten Tag habe ich ein Mondphasenbuch im Briefkasten, welches ich zur Zeit fleissig studiere. Wer weiss, vielleicht ist doch was dran.

Allen meinen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen tollen bunten April mit vielen, vielen Tulpen.

Bis bald, Eure Balkonia