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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
April 2007

Anfang Text Kolumne Es gibt einen Artikel, der wird ausschliesslich hergestellt um weggeschmissen zu werden. Die Rede ist von Müllsäcken. Es gibt solche, die wollen mit Würde in die sicherer Vernichtung gehen, nämlich ohne abgerissene Henkel oder Risse in der Haut, anderen ist das ziemlich egal. Die „ist mir eh Wurst wie ich beim Sterben aussehe Güselsäcke“ warten gerollt auf ihr Eintagsfliegenschicksal, meist in einem Besenschrank, bevor sie ihrem einzigen Zweck zugeführt werden. Dafür müssen sie von ihrem Rollen-Nachbarn abgerissen werden. Möglichst dort, wo die Perforation die Trennung vorsieht. Klappt selten! Wie beim Klopapier, reisst es überall, nur nicht dort wo es die Löchli hat. Die Mehrbesseren liegen gemütlich aufeinander und entgehen so der ersten Attacke auf ihr Aussehen. Balkonias hatten immer diese Noblen von Coop – schon deshalb, weil sie keinen Einblick in ihr Inneres zuliessen. Muss ja niemand auf der Gasse wissen, was wir gegessen haben.

Seit vier Jahren haben wir in Luzern gebührenpflichtige Kehrichtsäcke und somit keinen Einfluss mehr darauf,  wie wir unseren Abfall auf die Strasse stellen. Die Staatlichen haben die Reissfestigkeit von Seidenpapier, werden gerollt geliefert und sind zwei Mal in der Woche eine richtige Herausforderung für Balkonias: Wie kriegen wir die heil vor die Haustüre? Beim ersten dieser Säcke haben wir genau die Gebrauchsanweisung studiert und uns an alles gehalten: kein Glas, kein Altpapier und schon gar keine Batterien. Von Katzenklo stand nichts drauf. Völlig harmlos haben wir den Sack gefüllt. Erst den gebrauchten Sand der Miezen, dann die Zigarettenkippen, drüber den Kaffeesatz aus der Maschine und oben drauf den Küchenmüll. Bis Mitte der Treppe hat das Ding gehalten, dann rissen die Henkel ab, unten platzte der Sack auf, es war Sommer 2003 und ziemlich warm. Es stank erbärmlich! Balkonia hat dann erst mal Schüfali und Bäseli geholt, Räucherstäbchen im Treppenhaus angezündet, womit sich der Duft im Treppenhaus so zwischen Malaysischem Puff und Mülldeponie einpendelte. Als wir all den Dreck in einem Komfortsack untergebracht hatten, haben wir die Fetzen des Amtlichen mit Tesafilm draufgeklebt und rausgestellt. Dort standen lauter Säcke, die dem unsrigen ziemlich glichen. Drei Tage später haben Balkonias die Entsorgung erneut, nun behutsam, in Angriff genommen und alles korrekt vor den Eingang gekriegt. Alle Nachbarn auch, bloss die Müllmänner hatten noch nicht so Übung mit den Seidenpapiertüten. In der Gasse sah es aus, wie in einem Drittweltland ohne Entsorgungskonzept. Roch auch so.

Inzwischen haben wir alle gelernt wie man das mit dem Kehricht handhaben muss, es sei denn, es ist Frühling und die Pflanzen auf den Balkonen müssen geschnitten, erneuert oder so werden. Grünabfuhr gibt es in der Altstadt nicht. Balkonias laden zurzeit nur noch Freunde aus dem Tessin – dort gibt es in den meisten Gemeinden noch keine Sackgebühr – zum Z’mittag ein. Zum Abschied drücken wir ihnen liebevoll einen Sperrgutsack mit Pflanzenballen, Ästen etc. in die Hand. Das fördert den Güseltourismus und den Verkauf von robusten, nicht gebührenpflichtigen Müllsäcken.

Balkonias wünschen allen schöne Ostern mit leichtem Abfall (Eierschalen) und auch sonst einen schönen April.EndeText  Kolumne

Bis bald, Eure Balkonia