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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
Dezember 2006

Jeder hat ein Vaterland. Woher der Vater stammt ist unwichtig, das Vaterland ist dort wo man aufwächst. Umgekehrt  verhält es sich mit der Muttersprache, egal wo man aufwächst: Muttersprache ist Muttersprache. Türkisch in der Schweiz oder Russisch in Amerika, die Mutter gibt in der Regel die Sprache weiter. Nur, in diesen Mischmaschfamilien entwickelt sich dann eine „Familiensprache“, die Fremde nicht verstehen. Bei Balkonias hat das angefangen, als unser Vater ein Schlägli hatte, er konnte danach die Worte nicht mehr so richtig finden und hat sich Sammelbegriffe eingepaukt, die wir alle sofort verstanden haben. „Tante Gusti kriegt zum Baum nen neuen Eimer.“ Ins korrekte Deutsch übersetzt heisst das „Tante Auguste kriegt zu Weihnachten eine neue Handtasche“, total logisch. Balkonias Schwester Vera kam dann mit dem Sammelbegriff „Büsi“ an. Unsere Monatspflanze, die Stechpalme, heisst bei uns „Stüpfbüsi“, versteht jeder sofor – jedenfalls alle aus unserem Umkreis. Schwieriger wird es mit den Umbenannten. Wenn Vera sagt, dass sie die Holländer ins Treppenhaus gestellt hat, bedeutet das nicht, dass dort jetzt ein Wohnwagen steht – könnte es zwar auch heissen – sondern, dass sie die Oleander dort überwintern lässt.

Kaspar hat die Angewohnheit Wörter abzukürzen. Können Sie sich vorstellen, wie wir im Restaurant beäugt werden, wenn wir uns unterhalten? „Schau mal“, sagt Kaspar, „wunderschönes Paroma“, „Ja, vor allem mit den Holländern davor“, meint Balkonias Schwester, „ruf doch das Büsi, wir bestellen noch eine Flasche Wein“. Spätestens jetzt ist der Nachbartisch davon überzeugt, dass das Irrenhaus Ausgang hat. Für uns ist diese Sprache eine Selbstverständlichkeit. Wortwörtlich! Wenn Kaspar am TV was rumbastelt und zu mir sagt, „gib mir rasch das Trüllbüsi“, frag ich höchstens, ob das mit Schlitz oder das mit Kreuz. Es gibt Wörter, die sind wirklich unanständig lang. Kreuzschlitzschraubenzieher! Wer sagt schon so was?

Balkonias wünschen allen eine fröhliche Adventszeit. Schmückt Eure Wohnungen mit Stüpfbüsis, Kranzbüsis und Kerzen, die nach Zimt oder Vanille riechen wenn man sie anzündet.EndeText  Kolumne

Bis bald, Eure Balkonia