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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
Februar 2003

„Liebste Balkonia“ werde ich von Kaspar begrüsst, „ich lade dich zu Gennaro zum Essen ein“. „Geht nicht“ jammere ich los, „ich habe Rheuma“ . Nun ist Balkonia ja ein äusserst gesunder Mensch, Rheuma hatte ich noch nie und einer Einladung in Gennaros Restaurant kann ich normalerweise nicht widerstehen. Kaspar macht sich ernsthaft Sorgen und fragt, wo es denn weh tue. Grosser Zeh, rechter Fuss, die Schmerzen strahlen aber bereits in Richtung Knie aus, unmöglich, dass es Balkonia zu Fuss bis zur Töpferstrasse schafft. Mit Gicht und so habe er Erfahrung, seine Urgrossmutter habe das mit 97 Jahren gekriegt und ziemlich erfolgreich mit Wärme behandelt.

Kaspar kramt also ein Plastikbeckali aus dem Schrank und füllt warmes Wasser ein, während ich mir die Strümpfe ausziehe und die Hosenbeine hochkremple. Ob es besser werde, will Kaspar wissen. „Kann ich nicht beurteilen, es tut nur weh, wenn ich auf dem Fuss stehe“ antworte ich und plansche im warmen Wasser rum. Dann werde er wohl ein Taxi bestellen, meint er und schaut sich meinen rosa lackierten grossen Zeh im Wasserbecken an. „Was ist denn das?“, Balkonias Allerliebster fischt was aus dem Wasser das aussieht wie ein Stückchen einer Tafelschokolade und sich bei genauerer Betrachtung als Türstopper zu erkennen gibt. Die kleben bei uns hinter jeder Türe auf dem Boden, damit nicht immer beim Betreten eines Raumes die Einbauschränke oder Wände zerdeppert werden. Balkonias Katze versucht seit Monaten die Dinger vom Parkett zu kratzen, jetzt hatte sie wohl Erfolg, hat ein Plastikquadrätchen ordentlich mit der Leimseite nach oben so hingelegt, dass Balkonia drauftrampeln musste, hinkend und jammernd Altglas entsorgt und – aua, aua – die nötigsten Einkäufe wie Klopapier und Zahnpasta erledigt hat und allen, die mich besorgt fragten, ob ich mir den Fuss gebrochen habe, brav geantwortet habe „alles halb so schlimm, nur Rheuma“.

Was lernen wir aus dieser Geschichte? Bevor Sie sich überlegen, ob Sie sich den Magen mit Schmerzmitteln zukleistern wollen, pulen Sie erst mal die Plastikstückchen von den Fusssohlen.

Ansonsten kann ich Ihnen liebe Leserinnen und Leser, wie jedes Jahr um diese Zeit, die erfreuliche Nachricht überbringen, dass Fasnacht vor der Tür steht. Liebevoll sind bereits fast alle Beizen mit Luftschlangen und anderen Staubfängern dekoriert. Balkonias Nachmittagstreff, die Bar vom Stadtkeller, erkennt man nicht wieder. Statt Blick auf ein Foto von Polo Hofer, als der noch jung und schlank war (schön war er glaub nie), Silberfolie an den Wänden. Raschelt gemütlich, wenn die Türe auf geht. Freunde einladen, ist nicht möglich, weil alle entweder die letzten Stiche an ihren Gwändli nähen müssen oder die Finger voll haben mit Fischleim vom Grinde-modellieren. In den Bäckereien kann man endlich wieder Fasnachtschüechli kaufen – fehlt einem ja echt das Jahr über – und die Schaufenster der städtischen Läden sind närrisch dekoriert. Abends versuchen musikalisch nicht sehr begabte Leute ihren Instrumenten Töne zu entlocken, Balkonias sind sich noch nicht ganz einig, aber wir teilen uns die Befürchtung, dass der „Tschiwaua“-Song von DJ Bobo gut vertreten sein wird dieses Jahr. Ansätze davon dröhnen jedenfalls von Übenden aus dessen Wohnungen in der Altstadt. Tönt grauenhaft!

In diesem Sinne wünsche ich allen eine rüüdig schöni Fasnacht.

Eure Balkonia, bis bald