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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
Januar 2005

Die Feiertage sind vorbei und es hat die schönste Zeit des Jahres begonnen. Die Zeit des Ausverkaufs. Die Gassen sind voll gestopft mit Schnäppchenjägerinnen; manchmal in Begleitung ihrer total entnervten Partner – nach der dritten Anprobe eines kratzenden Pullovers haben Männer in der Regel nur noch Lust auf ein Bier. Aber die Sparspezialistinnen schleppen unermüdlich Plastiksäcke durch die Stadt, schieben fröhlich lächelnd den Kinderwagen durch das Gewühl und machen in der Regel einen sehr zufriedenen Eindruck. Die meisten Schaufenster sind mit Plakaten zugeklebt. Auf denen steht dann, wie viel Prozente der Kunde noch für den Schrott bezahlen muss.

Balkonia versucht ihr Einkaufswägali mit dem Altglas der Feiertage zur Entsorgungsstelle zu fahren. Klappert doll auf dem Kopfsteinpflaster, die meisten Leute machen erschreckt Platz weil sie denken, sonst von einem Panzer der Armee überrollt zu werden. Da sehe ich das Angebot eines Herrenmodegeschäfts: «Zu jedem nicht reduzierten Artikel schenken wir ihnen drei Paar Herrensocken und drei Boxerunterhosen.» Strümpfe und Höschen kann ich mir in der Auslage anschauen. Die Socken sehen etwas kurz geraten aus und haben ein Karomuster, die Mohammed Ali-Unterwäsche ist mit Teddybärchen bedruckt. Härzig! Die Vorstellung Kaspars kleinen Hintern in Bärchenboxershorts zu sehen fasziniert und Balkonia beschliesst, für 99.95 ein schönes Markenhemd zu kaufen. Der Wagen mit den leeren Flaschen wird vor dem Geschäft parkiert und ich mache mich auf die Suche nach Grösse 44, da wird auf der Gasse eine Frau von einem Kinderwagen angefahren und stürzt. Die Gestürzte jammert, die Kinderwagenlenkerin schimpft auf die Alten in der Stadt, die total schusslig durch die Gegend gehen, keine Rücksicht auf Kleinkinder nehmen und längst ins Altersheim gehören, derart vertrottelt wie die sind.

Balkonia fragt die Frau am Boden ob sie einen Krankenwagen oder so. «Och nein», meint die, «geht schon wieder». Ich helfe ihr wieder auf die Beine zu kommen und begleite sie durch den Body-Shop zu unserem Lift. In Balkonias Wohnung haben wir zwei dann eine ganze Flasche Rotwein getrunken und sie hat herzlich gelacht als ich ihr sagte, dass sie mir gerade 99.95 Franken eingespart habe. «Als ich sie dort so liegen sah, hab ich mir vorgestellt, dass das auch Kaspar passieren könnte. Stellen sie sich vor, vielleicht mit Beinbruch und dann Einlieferung ins Hospital und das in Bärchenunterhosen.»

Balkonias wünschen allen einen unfallfreien Januar, viel Spass beim Einkaufen – weichen Sie Kinderwagen geschickt aus und das auch wenn Sie keine lächerliche Unterwäsche tragen.

Bis bald, dann ist Fasnacht, die andere schönste Zeit des Jahres.
Eure Balkonia