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Gastkolumne Juli 2001

 Es gibt einen einzigen Artikel den Balkonias bei der Migros kaufen: Katzenklosand. Nicht, weil dieser besonders gut riecht, sobald er sich mit Katzenbisi vermischt, oder weil er besonders günstig ist. Der Grund ist geografischer Natur: Die Migros liegt grad um die Ecke und Katzenstreu ist schwer. Samstag kurz vor Ladenschluss "preicht" es Balkonia. Kaspar ist nicht da und der Katzenstreu muss gewechselt werden. Ich versuche also an den herausströmenden Migroskunden vorbei durch die enge Eingangspforte ins Ladeninnere zu gelangen, was mir ohne grössere Blessuren gelingt. Ich stelle mich brav aufs Förderband, das mich im Schneckentempo ins Untergeschoss befördert.

Zwei grosse Säcke werden von Balkonia zur Expresskasse geschleppt. Ein junger Mann mit Rollbrett unter dem Arm bezahlt zwei marsähnliche Schokoriegel. Unterdessen fängt eine sehr ältere Dame an ihren übervollen Einkaufswagen zu entleeren. Das ist hier eine Expresskasse, maximal acht Artikel, bemerke ich ziemlich ungeduldig. Sie lächelt mich überaus freundlich an und packt weiter ihren Wagen aus. Ziemlich laut wiederhole ich "acht Artikel". Sie brauchen mich nicht anzuschreien, junge Frau, ich höre noch ausgezeichnet, lesen habe ich auch noch nicht verlernt und auf acht zählen schaffe ich trotz meiner 93 Jahren, erklärt sie mir lächelnd, während sie weitere Haufen aufs Band legt. Nach jeweils acht Artikeln schiebt sie so einen "nächster Kunde-Balken" dazwischen und legt eine Cumuluskarte auf die Ware. Die erste Portion wird mit dem Geld aus einem Herrenportemonnaie bezahlt, die zweite aus einem mit Blümchen drauf. Alles sehr umständlich. Waren aufs Band legen, bezahlen, die richtige Cumuluskarte in die richtige Geldbörse samt Kassenbon geben, das Bezahlte in den zweiten Wagen packen etc. Sie kaufe für ihre Alterssiedlung ein, erklärt sie uns Wartenden, für jedem ihrer Nachbarn maximal acht Artikel. Warum sie das verflixt noch mal am Samstag tun müsse, will ich wissen. Erstens, werde ich belehrt, sei es ihres Erachtens auch Rentnern gestattet, an Samstagen einzukaufen, zweitens gehe mich das nichts an und drittens bekomme sie das Auto ihrer Tochter immer nur am Samstagnachmittag, weil diese Tochter den Wagen sonst für den Weg zur Arbeit brauche.

Während die Alte unermüdlich Waren aufs Band legt, bezahlt, einpackt und immer fröhlicher wird und ich mir überlege, wie die wohl Auto fährt, bittet mich ein älterer Ausländer zur Seite, stellt sich lachend vor mich und sagt: "Ich helfen, dann schneller". Mit einer leichten Verbeugung stellt er sich der Umstandspastete vor, lässt sich erklären, was er tun solle und delegiert mir die Arbeit, die bezahlte Ware zu verstauen. Balkonia gehorcht artig. Nach fünf Minuten sind alle drei Einkaufswägali geleert, bezahlt und verpackt. Der nette Herr namens Hilfcic hievt noch meine Sandsäcke aufs Band und eine nachdenkliche Balkonia verlässt den Laden.

Am Aussenstand kaufe ich noch ein Körbchen unserer Monatspflanze, ein Körbchen Kirschen. Zwei Päärli hänge ich mir über die Ohren und schliesse mit allen älteren Samstageinkäuferinnen meinen Frieden.

Bis bald und auf gut zusammen Kirschenessen, Eure Balkonia

 

Viel liebe Grüsse und bis bald, Eure Balkonia