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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
Juli 2008

Anfang Text Kolumne «Liebste Balkonia, schmeckt es dir nicht?»
«Oh doch, die Älplermagronen im Emilio sind immer sehr gut»

Warum ich derart ärgerlich dreinschaue, will Kaspar wissen, woraufhin ich ihn auf  die Vogelabwehranlagen auf den Fenstersimsen aufmerksam mache. Die sind daran schuld, dass die Tauben und Spatzen, welche wir verbotenerweise nach wie vor füttern, sehr häufig verkrüppelte Füsschen haben. Gott sei Dank haben wir keine solchen Drähte vor unseren Fenstern gespannt und erst Recht nicht diese perfiden Nadeln. Auch unsere Nachbarhäuser haben keine, der Anblick bleibt uns also erspart, jedenfalls wenn wir zuhause bleiben. Vis a vis von unserem Küchenfenster zieht grad ein Spatzenpärchen liebevoll den Nachwuchs auf, unsere Miezen liegen geduckt auf der Fensterbank, versuchen – inzwischen schon ziemlich perfekt – das Gezwitscher der Vögel nachzuahmen, Spatzen sind ja nicht gerade die Nachtigallen unter den Vögeln, was es für die Büsis einfacher macht. Äck, äck, klingt es in unserer Küche und wird regelmässig von den Spatzen beantwortet.

Balkonia wartet mal in Ruhe ab, bis Kaspar seinen Pouletsalat gegessen hat, dann sag ich ihm, wie man die Menge der Tauben auch unter Kontrolle halten kann: Es gibt Antibabypillen für sie, man kann sie erschiessen – das hat man in der Stadt Luzern bis vor kurzem noch gemacht, sehr früh morgens, wenn alle Stadtbewohner noch schliefen – und dann gibt es die Tessinermethode, die klingt grausam, aber die Tauben sind in der Regel sofort tot: Man verfüttert den Vögeln altes Brot, damit das nicht so hart ist, wird es in Grappa, einem möglichst hochprozentigen, eingelegt, schmeckt den Tauben sehr gut und sie werden sehr schnell total besoffen, woraufhin sie ins nächste Auto donnern. Im Tessin klappt das scheint’s sehr gut, dort wird nicht so bedächtig gefahren wie hier in der Deutschschweiz.

Mit Hühnern klappt das auch, sagt Kunstmaler Erwin Schürch. Er habe mal neben einem Bauern gewohnt, der hatte Hühner und Obst. Wenn der Schnapsbrenner kam, wurden die jungen Hennen im Stall eingesperrt, die alten durften auf der alkoholhaltigen Maische rumwühlen, Obstreste picken und haben sich dann auf das nächste Auto gestürzt. Der Bauer hat dann mit Tränen in den Augen dem Autofahrer, den es zufällig erwischt hat, mehr und mehr weinend erklärt, dass es sich um sein bestes Leghuhn gehandelt habe. Autofahrer haben ja grundsätzlich – und mit Recht – ein schlechtes Gewissen, wenn sie was Lebendiges ins Jenseits befördern. So hat der Bauer seine Suppenhühner einmal pro Jahr zu Höchstpreisen verkauft.

Vögel mögen Alkohol. Florence hatte mal einen Papagei, der trank Rotwein. Am liebsten «Dôle». Der Ara lebte zeitweise in einem Restaurant, ist von Tisch zu Tisch gehüpft oder geflogen, hat an den Rotweingläsern rumgeschnüffelt und sich erst betrunken, wenn er eines mit «Dôle» gefunden hat. Nachher hat er erfolglos versucht, auf seine Stange im Käfig zu kommen. Der Dôle-Umsatz in der «Angelfluh» hat übrigens rasant zugenommen: Jeder wollte sein Glas Rotwein mit einem richtigen Vogel teilen.

Balkonias wünschen allen einen nicht zu warmen Juli, falls Ihr Eidechsen im Garten habt, die mögen die Orangenschnitze aus der Sangria. Macht auch Spass denen zuzusehen, wie sie es nicht mehr die Wände hoch schaffen. Balkonia hatte mal eine in Formentera, die kam jeden Abend, hat etwas Orangen mit Sangria geschlabbert und sich dann neben mich an die Füsse gelegt , nach Sonnenuntergang hat sie sich unter ihrem Stein versteck und den Rausch ausgeschlafen. Morgens hat sie dann von Balkonia etwas alkoholfreien Orangensaft gekriegt.  War eine wunderschöne und sehr anhängliche Eidechse.

Bis bald und entfernt bitte alle Vogelabwehranlagen, füttert weiterhin Enten, Schwäne und was sonst so Spass macht.EndeText  Kolumne

Eure Balkonia

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