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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps

S O N D E R A U S G A B E !
Mitte Juni 2004

„Was riecht hier so?“ wundern sich Balkonias letzten Mittwoch vor Fronleichnam. „So stell ich mir Ferien auf dem Bauernhof vor“, meint Kaspar und schliesst das Fenster. „Wahrscheinlich düngen die Pferde der Hergottskanoniere die Kapellgasse. Lass uns runter gehen und schauen“, sagt Balkonia und macht sich strassenfertig.

Auf dem Kapellplatz herrscht das absolute Chaos. Zwei Krane sollten weggeschafft werden, jene Lastwagen wollen zur nah gelegenen Baustelle, andere kippen Komposterde – daher der ländliche Geruch – in hübsch angelegte riesige Blumenbeete, die Erde wird dort flink verteilt und festgedrückt. Es entsteht eine kleine Landschaft mit einem gewundenen Weg in Richtung Fritschibrunnen. „Was das wohl wird?“, wundern wir uns und Balkonia geht an den Kiosk Zigaretten kaufen. „Hundert Jahre minus zehn Prozent“, klärt mich die Kioskleiterin auf –dieser Verkaufsstand ist die beste Informationsstelle der Altstadt – „der Gärtnermeisterverband der Zentralschweiz feiert seinen neunzigsten Geburri mit über tausend Sonnenblumen!“, erklärt sie fröhlich und hält sich die Nase zu. Tatsächlich, während sich der Bauernhofduft in Richtung Himmel bewegt, werden Sonnenblumen in die Erde gebuddelt, der Weg zwischen der Blumenpracht blitzblank geputzt, ein kleines Festzelt mir vier Tischen und einer Bar aufgestellt, ein Dach für die verschiedenen Musikanten montiert.Ab Samstag kann es dann für zwei Tage los gehen. Alle freuen sich, bis auf einer und der hat es mit Balkonia jetzt endgültig verdorben, obwohl Namensvetter meines Liebsten. Da jault stundenlang ein Kaspar Ast Liedergut über die Reuss – Petrus beschenkt ihn mit trockenem Wetter –, da streiken Maler und Gipser, dreschen lautstark mit Hammer und Sichel auf Farbkübel ein –Petrus belohnt sie mit Sonnenschein – alle kriegen schönes Wetter, nur die Gärtner nicht. Es regnet, es schifft, es regnet ununterbrochen zwei Tage lang. Aber keiner hat sich die Laune verderben lassen, weder die Sonnenblumen noch deren Betreuer. Alphornbläser sind sich glaub eh schlechtes Wetter gewohnt, die stammen aus den Bergen und dort ist es meist etwas unwirtlich und die Dixielandband hat trotzig „bei mir bist du schön“ gespielt, es war ein wunderschönes Fest, im Zelt richtig gemütlich. Wir Altstadtbewohner werden es in bester Erinnerung behalten. Ein Fest mit Musik aber nicht lärmig, fröhliche Betreiber, keine zerdepperten Bierflaschen auf der Gasse, keine Schlägerei. Wirklich Friede, Freude, Eierkuchen. Ach, wäre das schön, wenn alle unserer 1200 Events pro Jahr so ablaufen würden.

Balkonias bedanken sich ganz herzlich für die freundliche Bewirtung, wir haben Otti, Guido, Jakob und Philipp kennen gelernt und Balkonia hatte viel Spass mit der zehjährigen Rebecca, die sich logischerweise etwas gelangweilt hat nur so unter Erwachsenen, aber sie hat es echt locker genommen.Wir wünschen den Gärtnermeistern alles, alles Gute und freuen uns aufs nächste Fest spätestens in zehn Jahren.

Eure Balkonia