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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
Mai 2004

Es gibt eine Gruppe von Berufsleuten, denen sollte man schlicht gar nichts glauben – weil man von ihnen regelmässig nur veräppelt wird. Balkonia redet nicht von Wahrsagerinnen, die einem die Zukunft aus dem Kaffeesatz lesen, dies alles in geheimnisvoller Umgebung mit Glaskugel auf dem Tisch und schwarzer Katze um den Hals gelegt. Obwohl, die Berufsleute, die Balkonia grad auf dem Kieker hat, verhalten sich durchaus ähnlich, wie die Scharlatane auf dem Jahrmarkt. Sie nenne sich auch so: Propheten, Feen, Vorhersager oder Frösche. Nun gehören ja menschliche Frösche grundsätzlich zu den Leuten, die in ihren Grimms-Märchenjahren stecken geblieben sind und immer noch glauben, dass – wenn sie nur lange genug von einer Jungfrau geküsst werden, zum Prinzen mutieren – weshalb Balkonia die Muotithaler-Wetterfrösche nicht gross attackieren wird. Die glauben an den Unsinn, den sie mir übers Radio erzählen. (Wird übrigens ein ganz schlimmer November 2004!) . Balkonia redet über die Wetter«fachleute» von Meteo Schweiz, Kachelmännern und ähnlichen Märchenerzählern, die uns das Blaue vom Himmel versprechen.

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie gehen zu ihrem Coiffeur, werden dort von einer wunderschönen jungen Frau begrüsst, die sich als Ihre Haarfee vorstellt und Ihnen verspricht, dass Sie den Laden nach zwei Stunden mit watteweichen hellblauen Haaren verlassen werden. Nach dieser Zeit stehen Sie vor dem Geschäft und versuchen sich mit der roten Igelfrisur anzufreunden, während Ihre Fee freundlich Adieu winkt. Spätestens beim dritten Mal mit abwechselnder Farbe werden Sie sich wahrscheinlich sagen: «Ich bin doch nicht bescheuert, jetzt wende ich mich an den Fachmann». Nicht so mit Wetter-Feen. Wenn Kaspar sich abends mit verklärtem Blick dem TV-Bildschirm zuwendet, weiss Balkonia, heute steht die niedliche Wetterprophetin frierend mit zerzausten Haaren auf einem Hochhaus, drückt geheimnisvolle rote Knöpfe, lächelt freundlich in Schweizer Stuben und stottert unbeholfen Lügengeschichten in unsere Haushalte. Alle glauben ihr, holen entweder die kurzen Hosen aus dem Schrank oder den Wintermantel aus dem Keller. Meistens beides, weil die Vorhersager halten sich die Waage, schliesslich muss die Statistik so etwa 60 Prozent Trefferquote ausweisen. Letzten Sommer, Mitte Juli, hat Meteo-Schweiz für zwei Wochen damit aufgehört auch noch ein paar Schneeflocken auf die Piktogramme zu packen, was die Treffsicherheit auf fast 70 Prozent hochschnellen liess.

Nun ja, vor ein paar Tagen sass Balkonia mit verklärtem Blick um zehn vor Acht vor dem Fernseher, der schöne Herr Rubli stand dick eingepackt auf dem Dach des Hochhauses und versprach doll schönes Wetter. «Och, liebster Kaspar, bring bitte blaue Hortensien mit, das Wetter wird schön und ich kann mit der Balkonbepflanzung anfangen». Kaspar erfüllt mir praktisch jeden Wunsch und am nächsten Tag bekomme ich die blauen Hortensien aus Rothrist. Es regnet in Strömen, es ist kalt, die Pflanzen weigern sich auf den Balkon zu gehen und werden liebevoll im Gästezimmer zwischengelagert, von der Katze Koschka und Balkonias aufs herzlichste begrüsst und auf den nächsten Tag vertröstet, schliesslich haben die Wetterprognostiker das Ende der Bise versprochen. Balkonia mag Hortensien. Sie sind zwar Säufer, aber ansonsten genügsam. Trunkenbolde auf dem Balkon zufrieden zu stellen, macht keine Mühe, aber versuchen Sie das mal auf einem Parkettboden. Wir haben noch etwas Bauplastik im Keller gefunden, dort die alten Zeitungen drauf verteilt, unsere Schluckspechte drauf gestellt und warten jetzt auf warmes Wetter. Gästezimmer ausser Betrieb, macht nichts, kommt eh niemand bei dem Wetter.

Was lernen wir aus dieser Geschichte? Auf Parkettböden gehören Kakteen und keine Trinker, Frösche küssen nützt nichts, die sehen auch nachher immer noch aus wie Muotithaler Propheten, Feen und Rublis irren wie alle Menschen.

Balkonia wünscht allen einen warmen sonnigen Mai, allen Hortensien genügend Wasser und Herrn Rubli alles gute für die Zukunft, irgendwie schade, dass er nicht mehr zu mir ins Wohnzimmer kommt, von ihm wurde Balkonia eigentlich am liebsten angeschwindelt.

Viele liebe Grüsse und sucht fleissig Ostereie
bis bald, Eure Balkonia, bis bald