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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
Mai 2005

„Hallo Balkonia, wo steckst du?“ werde ich am Telefon von Kaspar gefragt.
„Bei Tchibo.“
„Um Gottes willen, die haben glaub Küchenwoche“, kommt die Antwort. Kaspar klingt etwas panisch. Balkonia ist eigentlich ein durchaus vernünftiger Mensch, ich überleg mir jede Ausgabe gründlich aber wenn ich im Tchiboladen stehe, werde ich zur total vertrottelten Konsumentin. Vor allem wenn es Küchen- oder Gartenartikel zu kaufen gibt. Balkonias sind im Besitze von total guten Viktorinoxmessern, wir haben zwei Gartenscheren von Felco – das sind die besten der Welt –, aber wenn ich ein Dreierpack Küchenmesser für 9.95 bei Tchibo sehe, verblöde ich endgültig. Dass die hübsche blaue Baumschere vom Kaffeeladen nichts taugen würde, wusste Balkonia eigentlich schon dort im Geschäft. Ich vermute, dass der Duft gerösteter Kaffeebohnen das Hirn vernebelt. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sich unsere Schubladen und Schränke mit Dingen füllen, die wir nicht brauchen und auch nicht mehr finden. Jedes Jahr im Herbst suche ich den Trüffelhobel und wenn ich ihn gefunden habe, unter dem Berg anderer unnützer Dinge, gehe ich zum Gemüsehändler – der verkauft seine Sachen unter freiem Himmel an der frischen Luft ohne Kaffeeduft. Dann finde ich, dass es sich eigentlich nicht lohnt, 10'000 Franken für ein Kilo Tartuffi bianchi zu bezahlen und das Trüffelhobelding verschwindet wieder in einer Schublade.

Periodisch kriegen wir den „Schneiderkatalog“. Beim Durchblättern dieses Buches bleibe ich normal. Ich schaue mir amüsiert den Gerümpel an, den die zu verkaufen versuchen und frage mich: „Wozu braucht ein Mensch einen Eierköpfer?“ Niemand löffelt den ganzen Tag weich gekochte Eier aus. Falls man das ab und an mal an einem Sonntag tut, hat man wohl Zeit genug, den Dingern eins auf den Kopf zu hauen und dann die Schalen abzupulen bis der Eierlöffel in die Öffnung passt. Balkonias Schwester Vera hat von ihrem Lebensabschnittsgenossen eine Eierenthauptungsmaschine geschenkt gekriegt. Seither klappert sie sämtliche Haushaltgeschäft in Lugano, Chiasso und den grösseren Städten Norditaliens ab. Nirgends gibt es so kleine Plastiklöffel, die in das winzige Loch des maschinell enthaupteten Frühstückseis passen. Wozu auch? Braucht eh kein Mensch und wenn, wird es im nächsten Schneiderkatalog sicherlich angeboten. Etwas mehr für die Gerümpelschublade.

Balkonia hat sich dann übrigens bei Tchibo ein Paar „Cargohosen“ gekauft. Das sind Jeans mit derart vielen Taschen, dass man darin bequem die Güter eines Vierpersonenhaushalts verstauen kann. Wenn alle Taschen voll gestopft sind, sieht diese Bekleidung besonders elegant aus. Extrem praktisch finde ich die grossen Taschen in den Kniekehlen. Die eignen sich total gut für den Transport einer Weinflasche plus Korkenzieher links und einem Salami, Pariserbrot plus Küchenmesser rechts. Es empfiehlt sich dann allerdings, Treppen aus dem Weg zu gehen, der Gang des Cargohosenträgers sieht auch auf ebenen Strassen schon lächerlich genug aus.

Balkonias wünschen allen einen wonnigen Monat Mai, schönes Auffahrt- und Pfingstwetter und einen blühenden Garten fürs Gemüt.

Viele liebe Grüsse und bis bald