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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
Oktober 2004

In der Familie gilt Balkonia als Hundefachfrau. Nicht, dass ich besonders viel von Hunden verstehe, aber die Tatsache, dass Balkonia seit Generationen die erste und einzige unserer Sippe war, die mal einen Hund hatte, reicht aus, mich in diese Ecke zu drücken. Bis ich mich in die paar Gramm Fell von Koschka verliebt habe, hatte ich mit Katzen eigentlich nicht viel am Hut. Grosse Überlebenschancen hab’ ich der Katze damals nicht eingeräumt und wurde von Katzenspezialistinnen in meiner Meinung unterstützt. Balkonias Schwester Vera kam täglich vorbei um mir geduldig den Unterschied von Hund und Katze zu erklären. Balkonia ist relativ belehrungsresistent, täglich habe ich die klapprige Mieze mit dem Hund ins Auto gepackt und an den Arbeitsplatz gefahren, dort wurde sie von Patrizia «Särbu» getauft und tapfer mit warmen Kaffeerähmli aufgepäppelt. So als Ausgleich zum Hundefutter, das sie sich mit John teilen musste. Da Balkonia ja nichts von Katzen versteht, habe ich das Büsi gleich erzogen wie den Hund, was der nicht durfte, war auch für Koschka verboten. Nun finde ich es überhaupt nicht niedlich, wenn ein Berner Sennenhund auf der Küchenkombination schläft oder sich auf dem Esstisch räkelt, also wurde das auch ein Tabu für Koschka, was mir den Ruf als Tierquälerin eingebracht hat, schliesslich werde die Katze nicht artgerecht gehalten. Mit Kaspar habe ich mir ja dann noch zwei weitere Miezen in den Haushalt geholt, aber Vera war beruhigt: Ein Katzenfachmann stand der Koschka zur Seite. Als erstes hat er der Katze «Sitz, gib Pfote!» beigebracht. Vera war entsetzt.

Koschka

Vor drei Wochen ruft meine Schwester an. «Jöööh, Federica ist wieder da!» . Federica ist die zweite Katze, die Vera nach ihrem Einzug in Ligornetto zugelaufen ist. Im Gegensatz zum «Pudel» aber – der so heisst, weil er zwei Mal im Jahr geschoren werden muss – hat es die Federica vorgezogen, wieder zu ihren eigentlichen Besitzern zurück zu laufen; lieber Brotmöckli in Milch als Sheba, dafür fallen die regelmässigen Tierarztbesuche aus und das ewige «Jöööh, Federica hat ein Mäuschen gefangen», was einer normalen Katze doch echt auf den Wecker gehen dürfte.


Von links nach rechts: Tsarina (†), Pudel, Vera und Federica

Nun ist sie aber trotzdem wieder da. Und Federica wurde sofort liebevoll von Vera und Pietro in die Familie aufgenommen. Sheba, eigenes Katzenklo, Jöööh noch und nöcher und regelmässige Streicheleinheiten, ein tolles Katzenleben. Vera ist glücklich weil Pietro so glücklich ist, die Federica sieht gleich aus wie seine Tzarina und die ist kürzlich verstorben. Jetzt hat Pietro wieder was Gemütliches im Bettchen, das schnurrt und stämpfelet. Jööööh!

Blöderweise fängt es im Haus an der Via Pessina ziemlich streng an zu riechen. Vera streicht das Treppenhaus neu. Nützt nichts. In Pietros Schlafzimmer duftet es auch nicht mehr nur nach frisch gewaschener Bettwäsche. Die beiden konsultieren ihre sehr umfangreiche Katzenbibliothek. Dort findet man so ziemlich alles zu diesem Thema inklusive Kochbücher für Katzenmenüs (wie seziere ich einen Singvogel?). Ratschläge, wie man mit der Leiter umgeht, um das Büsi – Jöööh – von der Palme runter zu kriegen, fehlen dort so wenig wie die Adressen von Tierärzten und Katzenpsychologen. «Könnte es sein», fragt die Katzenbanusin Balkonia, dass Frederica ein Katerchen ist? «Unmöglich!», kriege ich zur Antwort. «Die hat nicht nur ein eindeutiges Katzenmädchengesicht, sondern auch die entsprechende Figur dazu». Meine Bemerkung, dass man das Geschlecht einer Katze eher an einer anderen Stelle feststellt, stösst auf Unverständnis. Sie sei zwar nicht verheiratet, meint Vera, aber sie leben jetzt doch seit zwanzig Jahren mit Pietro zusammen und kenne den Unterschied zwischen Männchen und Weibchen.

Letzten Sonntag im Abstimmungslokal hat meine Schwester den Besitzer von Federica getroffen. Braungebrannt aus den Ferien zurück gibt der breitwillig Auskunft: «Seit der Kastration von Federico hat der sich so weibisch aufgeführt, da haben wir ihn umgetauft.»

Was lernen wir wieder Schlaues aus dieser Geschichte? Namen sind Schall und Rauch!

Falls Ihre Katze Kalinka heisst, würde sie auf deutsch Himbeere heissen, Koschka, ist ebenfalls russisch und heisst – geschlechtsneutral – Katze.

Bis bald,
Eure Balkonia