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Gastkolumne von Anfang Oktober 2000

 Komischerweise habe ich in der ersten Nacht in unserem Zimmerchen in Eivissa prima geschlafen. Beim Frühstück fragt mich Kaspar dann, ob ich dieses und jenes auch mitgekriegt hätte? Ich habe nicht, werde aber sofort darüber in Kenntnis gesetzt, wer sich in welchem Nachbarzimmer um welche Zeit im Bettli amüsiert hat. Ob unsere Betten auch so quietschen? Morgens um fünf werde die Strasse gereinigt - von der Firma MFH. Na da kann man ja beruhigt sein, dass die Hochdorfer auch auf Ibiza für Schweizerische Sauberkeit und Krach sorgen.

Die fünfte Verleihfirma hat noch eine Art Auto zu vergeben. Einen Twingo mit Türfallen wie man sie in sehr alten Bauernhäuser noch findet. Die funktionieren von unten nach oben, wahrscheinlich damit der Hund sie nicht bedienen kann. Aber das Ding fährt uns recht komfortabel in Richtung Salinas. Auf halber Strecke bitte ich Kaspar noch schnell nach Platja en Bossa abzubiegen. Wozu? Ich möchte Luftmatratzen kaufen! Er schaut mich an, wie wenn ich verrückt geworden wäre. Luftmatratzen? Willst du dich endgültig als Tourist outen? Dann hätte er ja gleich kurze Hosen anziehen können. Wir sind hier Touristen, trotzt Balkonia - und kriegt ihre buntbedruckten Wasserfahrzeuge.

Nun bin ich ja Menschenkenner! Am Strand sehe ich sofort, dass der für Liegestühle und anderes zuständige Boy ein Einheimischer ist. Nicht sehr gross, dunkle Haare und sehr braun gebrannt. Un Sombrello e dos...., weiter komme ich nicht. "Oh, seids ihr au Bayern!" Nein, die Reihe am Wasser sei reserviert, die zweite auch, aber in der dritten und letzten sei es eh am gemütlichsten, da "latschends dir die Kinder nicht dauernd über d`Füess". Kann ja heiter werden. Wird es auch. Kaum haben wir uns eingerichtet und mit Sonnenschutz bekleckert, fängt hier das Strand-Event an. Zuerst "Musik". Praktischerweise haben wir den einen der Lautsprecher (der andere liegt etwa 40 Meter weiter weg) grad oberhalb unserer Liegeplätze. Logischweise den mit den Bässen. Bumm bumm. Dazwischen hört man auch ab und zu so was wie Text. Warum, fragen wir uns, werden Sänger und -innen dauernd von irgendwem verlassen, sind so looonliee, sehnen sich immer nach Partnern die aus verständlichen Gründen von diesen jammernden respektive kreischenden Amoks nichts wissen wollen? Aber wir haben ja unsere Luftmatratzen. Entfliehen wir also diesem Gestöhne auf dem Wasserweg. Sehr weit kommen wir allerdings nicht, tauchen doch dort in der See Wasserfahrzeuge auf, die an Motorräder erinnern. Optisch und akustisch. Statt Räder Kufen. Am Himmel kreist ein Flugzeug mit Werbung für eine Disco. Alles sehr gemütlich.

Nun ist es ja nicht die Aufgabe von Balkonia über kreischende Kinder und 800 Harley Davidson-Fahrer (die haben die Insel am Samstag für eine Woche überfallen) zu berichten, sondern Blümchen und Bäume, die dort wachsen, zu beschreiben. Dazu fällt mir nur etwas ein: kümmerlich. Pinien, Oleander an den Strassenrändern (verstaubt), Geranien (selten und häufig aus Plastik) vor den Fenstern, alles in allem ziemlich lieblos. Bis auf eine Ausnahme: der grossblättrige Gummibaum. Mitten in der Stadt in einem Park. Die Stämme haben den Durchmesser eines Sumoringers und wie so einer steht dieser Baum dort und verteidigt seinen Platz, macht täglich neue Blätter und schüttelt sich vor lachen über das, was da so um ihn herum passiert.

Bis bald, Eure Balkonia