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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
September 2003

«Liebste Balkonia» bittet mich mein Kaspar, «organisiere doch bitte Bananenkisten». Na, denk ich mir, wahrscheinlich hat er eine Plantage gekauft , wozu sonst sollte man Bananenschachteln brauchen. Zum Umziehen, werde ich belehrt – scheint’s zügeln alle Leute mit Bananenkisten, nur die Balkonia nicht. Ich zügle mit Papiertüten, die kann ein normaler Mensch nämlich noch schleppen, wenn sie voll sind. Unser Hausrat wird also – Balkonia setzt sich in der Regel durch – in Migros-Tüten verpackt und mit denen die alte Wohnung zugepackt.

Gott sei Dank regnet es nicht, auf dem Balkon hat es keine Papiersäcke und immer noch unser Pflanzen und zwei Stühle, dort ist es noch ziemlich gemütlich. Kaspar hat Pasta gekocht, wir sitzen tütenlos draussen und beschliessen, welche Pflanzen wohin kommen. Am neuen Ort hat es ziemlich weniger Platz für Urwald und unsere Balkonkinder brauchen gute Adoptivmütter. Cornelia und Monika drängen sich auf, sind beide bereit, in Zukunft für unsere Lieben zu sorgen und haben prima Balkone resp. Gärten. «Die Glyzinie kommt zu uns, schliesslich ist es die erste, die Balkonia mit dem gleichen Mann zum Blühen gebracht hat, und das dauert bekanntlich», sagt Kaspar, «die Azalee die wir von der Gärtnerei Sommerer geschenkt bekommen haben, kommt zu Monika», beschliesse ich. Na ja, wir waren uns ziemlich schnell einig wo was hinkommt.

Unser Bett stand seit dem Nachmittag bereits am neuen Ort, wir haben unsere geistig und körperlich ziemlich behinderte Koschka in eine Kartonschachtel gesteckt und sind rüber in die neue Wohnung an die Kapellgasse gegangen. Im Gegensatz zur gescheiten Balkonia, hat sich unsere bekloppte Katze sofort orientiert, hat Katzenklo und Fressnapf spontan gefunden, schnurrend auf Kaspars Füssen übernachtet, während ich im Dunklen tappend nach Lichtschaltern und Badezimmer gesucht habe. Etwas übermüdet und leicht verkatert – eine neue Wohnung muss man begiessen – haben wir uns an die Züglete gewagt. Und da stand sie!

Die Azalee der Gärtnerei Sommerer mit einer Blüte Ende August, strahlt uns an, verspricht ununterbrochen für uns zu blühen, aber sie will bei uns bleiben. Da kann kein Mensch nein sagen. Sie hat einen wunderbaren Platz auf dem unteren Balkon bekommen.

Nach einem Umzug ist man normalerweise etwas erschöpft, da macht es besonders Spass, Designerlampen zu montieren. Designergegenstände erkennt man als solche sofort, wenn man sie zusammensetzen muss. Alles total unlogisch. Keine Normschrauben, nichts Robustes, einfach ein Gefummel, aber chic. Balkonias haben praktisch nur solche Lampen. Alle flackern immer etwas, was einen ziemlich nervös machen kann, weshalb wir die Dinger eigentlich nie brennen haben. Sie sind so mehr oder weniger Dekoration, wenn wir es hell haben wollen, kommen die Billigleuchten zum Einsatz – aber Balkonia besteht darauf, dass die «Titanic» über dem Esstisch hängt. Nach zwei Stunden Einsatz von Kaspar – mittlerweile etwas mürrisch – tut sie das auch, flackert logischerweise, hängt etwas schief, sieht aber doll chic aus. Das Ding hab’ ich mal von meiner Schwester geschenkt gekriegt, sie habe irgendwie die Nerven nicht, das dicke Buch mit der Montageanleitung zu lesen.

Ansonsten haben wir uns prima eingelebt, haben uns eine Fertigkeit im Überschreiten von Papiertüten angeeignet, die uns erst mal wer vormachen muss. Ausserdem wissen wir schon ziemlich genau, in welchem Sack was ungefähr zu finden ist. Gestern habe ich einen Kochtopf gefunden, was uns den teuren Restaurantbesuch erspart hat, Kaspar hat nämlich fast gleichzeitig eine Packung Spaghetti entdeckt. In diesem Sinne verabschiedet sich Balkonia von Euch und geht ans Tütenauspacken. Ich wünsche allen einen wunderbaren September.

Und bis bald,
Eure Balkonia