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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
September 2004

Das Hotel Don Gregory auf Grand Canaria ist etwas in die Jahre gekommen. Die Gäste auch. Wie überall auf der Welt sind die Hälfte der Besucher Deutsche.

„Kannst du dich erinnern, als wir das erste Mal hier waren? Da war das Hotel ganz neu.“ „Ja, war kurz nach meiner Pensionierung.“ So ungefähr schwappten die Gespräche an den Nachbartischen zu Balkonias rüber. Es hatte auch junge Gäste, so ungefähr in unserem Alter, die kamen mit ihren Enkelkindern. Dem Altersdurchschnitt angepasst war die Abendmusik auf der Terrasse. Eine Einmannunterhaltung in Karaokeform. Der Sänger hatte einen Laptop auf dem Pult und wenn man sich gewünscht hat, dass er „Marina, Marina“ singt, hat er auf dem Computer den Titel eingegeben und dann die richtige Musik und den Text gekriegt. Der Mann hiess Paco, sein Deutsch und Englisch war grauenhaft. Jeden Abend haben sich Balkonias an diese Pool-Bar gesetzt mit Blick zum Sänger, seiner Klampfe und der Musikanlage, das Meer hatten wir im Rücken.

Es gibt dort drei Möglichkeiten auf die Terrasse zu gelangen. Eine sehr, sehr enge Drehtüre – links und rechts flankiert von zwei Türen, die immer offen standen. Kein Mensch hat sich je in die Drehtüre gezwängt – mit einer Ausnahme... Paco hat soeben ein Lied von Hansi Hinterseher angefangen. Dieser baggert grad eine schöne Maid der Sennerin im lieblichen Tirol an, als die Dame mit Sumoringerfigur vom Hotel her in Richtung Drehtüre ankommt. Wahrscheinlich aus Rücksicht auf die anderen Gäste hat sie sich mit einem sehr langen geblumten Kleid bedeckt. Sie quetscht sich in das Türviertel und fängt an zu stossen. Hansi Hinterseher lobt grad die Schönheit der Tiroler Berge und die der Sennentochter, da bleibt die Türe stecken. Der Saum des Kleides der Operndiva hat sich verheddert und liegt teilweise in der Nachbarkabine. Die Dicke versucht es rückwärts. Geht nicht! Diese Türe dreht sich nur gegen den Uhrzeigersinn.

„Kaspar, hilf ihr“, bittet Balkonia. „Immer ich“ murrt er, geht aber an die Rezeption und sagt dort Bescheid. Die Frau sieht inzwischen ziemlich ärgerlich aus – Hansi küsst oder heiratet, so genau kann man den Paco nicht verstehen, die Tochter der Käserei – und zwei Kellner, Kaspar und der Hoteldirektor helfen die Drehtüre in Bewegung zu setzen. Bei soviel Kraft hat das Kleid der Dame gefunden, der Klügere gibt nach und angefangen das Unterteil vom oberen zu trennen. Mit blendend weissen Unterhosen und ein Blümchenoberteil hat die Frau ihr Gefängnis verlassen, den Kellner um zwei Stühle ohne Seitenlehnen gebeten, der hat mit seinem Kollegen das Sofa aus dem Foyer durch die Seitentüre geholt. Ich habe nie jemanden derart lachen gehört wie diese Frau, als sie die Seitentüren realisierte. Sie hat sich dann grinsend auf den Divan gesetzt, eine Flasche Whiskey bestellt und diese fröhlich ausgetrunken. Wie die Hotelmannschaft den unteren Teil des Kleides aus der Drehtüre gefummelt hat, wissen Balkonias nicht, jedenfalls sah beim Frühstück alles so aus wie immer.

Jetzt sind wir wieder zu Hause, Koschka wurde von Liselotte und Franz heftig verwöhnt und hat das Gefühl, dass das so weiter gehen könnte. Stundenlang gestreichelt werden und zwei mal täglich Schlagsahne plus ebenfalls täglich Katzenklo geputzt. Sie benimmt sie wie eine Prinzessin, kommandiert uns herum, aber wir bleiben hart: einmal pro Tag Sahne reicht.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern einen schönen September, geniesst das warme Wetter. Lasst Euch nicht von Wespen stechen beim Zwetschgenkuchenessen in der Gartenbeiz – und Vorsicht bei Drehtüren.

Bis bald,
Eure Balkonia