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Gastkolumne von Mitte September 2000

 Balkonias gehen in die Ferien. Logischerweise sind wir ja besonders schlau: Wir reisen in der Nachsaison gen Süden. Da sind die Strände leer, die Kellner freuen sich über jeden einzelnen Gast, an der Rezeption wirst du freundlich begrüsst und sie geben dir das beste Zimmer mit Meersicht, da sonst eh niemand mehr gebucht hat.

Am Flugplatz wurden wir dann etwas stutzig. Was zum Teufel bedeutet es, dass Hunderte von Leuten voll bepackt mit Koffern, Rucksäcken und Plastiktüten aus dem Dutyfreeshop vor einem wackligen Schild stehen auf welchem "TAXI" steht? Taxis hat es komischerweise keine, obwohl die doch eigentlich sehnsüchtig auf Kaspar und Balkonia warten sollten. Na ja, nehmen wir den Bus der da steht und mit "EIVISSA" angeschrieben ist - zu deutsch Ibiza. "Dos Eivissa Puerto" sage ich weltmännisch dem Fahrer, der nickt und knöpft uns 300 Peseten ab. Wir freuen uns über das eingesparte Taxigeld und darüber, dass wir so schlau waren und ein Hotel direkt am Hafen in der Stadt gewählt haben. Dort kommt man mit dem öffentlichen Verkehr hin und die faulen spanischen Taxifahrer können uns mal. Der Bus rüttelt los und wir stellen beruhigt fest, dass er in die richtige Richtung fährt. Einheimische steigen ein und aus. Der Bus hält an und der Chauffeur brüllt in unsere Richtung: Puerto! Zwei Kilometer vom Hafen entfernt finden wir uns auf einem schmalen, praktischerweise mit Kopfsteinpflaster (für diesen Untergrund wurden die Koffer auf Rollen konstruiert) bestückten Trottoir wieder. Am Randstein verstaubtes Gestrüpp, das sich bei genauerem Hinsehen als Oleander zu erkennen gibt. Grau-Rot, Grau-Weiss, Grau-Rosa die Blüten. Wozu , fragen wir uns, brauchen zwei Menschen für eine Woche Ferien schätzungsweise 100 Kilogramm Gepäck? Andere Männer können mal eine Woche auf ihren Laptop verzichten, sage ich zu Kaspar – andere Frauen kaufen sich Bücher und Zeitschriften am Ferienort, kontert er. Zu einem Ehekrach kommt es nicht. Bei angenehmer Temperatur von 40° und absoluter Windstille streiten normale Leute nicht. Wir schultern unser Handgepäck, der Koffer folgt uns schimpfend und schwankend an der Leine. Ibizenken bleiben stehen, tippen sich an die Stirn und denken laut: Touristen!

In der Rezeption ist es kühl. Nicht nur temperaturmässig. Mürrisch werden wir belehrt, dass das Hotel ausgebucht sei. Wir haben reserviert geben wir zurück. Wann? Vor fünf Monaten! Der Concierge fängt an zu telefonieren. In einer für uns unverständlichen Sprache schreit und flüstert er abwechslungsweise in den Hörer. Aus der Gestik geht hervor, dass wohl niemand mehr mit uns gerechnet hat. Wundersamerweise findet er doch noch ein Raum für uns. Das Zimmer ist OK. Angenehme Temperatur von 40° und logischerweise windstill. Die Klimaanlage funktioniert nicht und kann vorläufig nicht repariert werden, weil es Freitag ist und kurz vor Mitternacht. Morgen auch nicht, weil Samstag und auf den folgt bekanntlich der Sonntag.

Ich ruf noch meine Schwester an, die sich um unsere Katzen und die Blüemlis kümmert. Sie sitze bei uns auf dem Balkon, habe sich eine Flasche Wein geöffnet, die Büsis schmusen mit ihr. Die Aussicht auf die beleuchteten Museggtürme, diese Ruhe – sie fühle sich wie in den Ferien!

Bis bald, Eure Balkonia