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Gastkolumne: Balkonias Urwaldtipps
April 2005

Balkonias Elternhaus stand in einem grossen ziemlich verwilderten Garten. Dort hatte es ein lauschiges Plätzchen namens „Mon Repos“ , was auf gut Deutsch „meine Ruhe“ heisst. Beruhigend zu wissen, dass die Postadresse des Schweizerischen Bundesgerichtes auch so lautet, mögen dort die Richter auch die herrliche Aussicht geniessen und ungestört ihrer Arbeit nachgehen können.

Auf Balkonias Platz der Entspannung wuchs ein riesiger Efeubaum den ich regelmässig beklettert habe, ich konnte mich dort wunderbar in der grünen Blätterpracht verstecken und heimlich den Gesprächen der Erwachsenen unter mir zuhören, Käfer, Insekten und Spinnen in ihrem Efeuurwald beobachten und mir vorstellen wie das wäre, wenn ich endlich erwachsen wäre und nicht mehr heimlich auf den Baum klettern müsste – aus mir unerklärlichen Gründen war das verboten, ebenso merkwürdig war, dass auch die Erwachsenen nie dort rauf gekrabbelt sind.

So Ende Sommer zeigte der Baum, was er eigentlich war. Aus den dunkelgrünen Efeublättern fielen Mostbirnen auf den Gartenweg, zerklatschten dort auf den Steinplatten und fütterten unzählige Wespenvölker, je nach Wetterlage fing der Birnenbrei an zu gären und verbreitete einen eigenartigen Duft. Wahrscheinlich mag ich deshalb keinen „Kafiträsch“. Wie der alte morsche Birnbaum das jahrelang ausgehalten hat, ist für mich heute ein Rätsel. Efeu muss eine intelligente Pflanze sein, immer abwägen ob der Wirt die Tortur überlebt, ob man noch etwas mehr aus dem verdorrten Holz absaugen könnte, alles in dem Bewusstsein, dass man gemeinsam sterben werde, trotzdem gierig nach noch mehr Wachstum – ein Risikospiel in der Pflanzenwelt ohne mögliche Gewinner.

Wie Sie sehen, unsere Pflänzchen sind hoch politisch. Balkonias Schwester ist gerade damit beschäftigt ihre Buchsbäume zu trimmen, die beiden sollten in die gleiche Form gebracht werden, zeigen sich aber wenig kooperativ. Der eine will hoch hinaus der andere geht in die Breite, beide benehmen sich renitent, strecken dem Gärtner die Zunge raus und kugeln sich –Wort wörtlich – vor Lachen, wenn Vera mit der Heckenschere angetrabt kommt. „Na warte“ kichern sie, „wir beide wehren uns länger, als dein Akku da mitmacht“. Bis jetzt haben die Bäume den Kampf gewonnen.

Balkonia wünscht allen einen schönen April mit einigermassen gehorsamen Pflanzen, freundlichem Wetter und viele, viele bunte Blümchen.

Viele liebe Grüsse und bis bald