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Gastkolumne August 2002

 Es gibt etwas, das Balkonia nach wie vor an der Schweiz fasziniert: die Vielfalt unseres Landes. Ich setze mich in Luzern gemütlich in den Speisewagen, lasse mir ein Z’morge bringen, lese unser Lokalblatt, bestelle ein Fläschli Wein und zermartere mein Hirn am Kreuzworträtsel der «ZEIT» und wie das letzte Kästchen des Rätsels von mir ausgefüllt wird, befindet sich Balkonia in einer anderen Welt. Meine Schwester Vera holt mich in Lugano vom Bahnhof ab und fährt uns zu ihrem Haus in Ligornetto. Nun ist es nicht so, dass Vera, als sie noch in der deutschen Schweiz lebte, durch besonders besonnene Fahrweise aufgefallen wäre, aber in dem halben Jahr Südtessin wurde sie endgültig zum «Tschingg», jedenfalls was die Autofahrerei angeht. Sie fährt und redet. Leider redet sie nicht nur mit dem Mund, sondern betont alles Gesagte nachhaltig mit beiden Händen, es sei denn sie braucht grad eine davon um zu hupen, weil irgend ein Trottel mit Aargauer Nummernschild sich an die Verkehrsregeln hält.

Ziemlich durchgeschüttelt klettert Balkonia aus dem winzigen Wagen und steht mitten im Paradies. Drei Stunden Entfernung von Luzern und da wachsen Palmen in den Himmel. Riesige Oleanderbüsche blühen vergnügt vor sich hin, der Eukalyptus klettert bis zum dritten Stock und duftet herrlich. Der Olivenbaum trägt Oliven und, wer hätte das gedacht, die Zitronenbäume machen Zitronen. Aus ihren Bambusstöcken hat meine Schwester einen Unterstand für die Tomaten gebaut und Balkonia fragt sich, was Vera mit der demnächst beginnenden Schwemme dieser Früchte wohl anfangen wird. Wenn sie so richtig überreif sind, kann man sie ja bekanntlich dazu benutzen, um Politiker, die weisse Hemden oder Westen tragen, zu beschmeissen – aber hier unten ist es derart friedlich, dass man kaum auf solche Ideen kommen dürfte.

Ach, sagt Balkonia, dein Dill wächst aber toll. Das ist nicht Dill, werde ich fachmännisch von meiner Schwester, die vor einem halben Jahr noch grosse Mühe hatte ein Geranium von einer Rose zu unterscheiden, belehrt, das ist Fenchel. Und, frage ich, wo ist der Fenchel. Unter den Erdhaufen, krieg ich zur Antwort. Balkonia stellt sich vor, wie Vera dauernd auf den Knien rumrutscht um Fenchel zuzuhäufeln und kommt zum Schluss, dass dieses Gemüse viel zu billig verkauft wird.

Liebe Leserinnen und Leser von Balkonias Urwaldtipps, betrachten Sie diese Kolumne als eine Art Erstaugustrede und freuen Sie sich mit mir an den verschiedenen Schönheiten unseres Landes.

Bis bald, Eure Balkonia