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Gastkolumne vom August 2003

 Wann genau sich die Unart eingeschlichen hat, dass alles, was man irgendwie verpacken kann, eingeschweisst werden muss, weiss Balkonia nicht mehr so genau, jedenfalls hab’ ich seither immer mindestens einen meiner Fingernägel ziemlich weit unten eingerissen und das obwohl ich mittlerweile sehr vorsichtig bin. In Balkonias Wohnung liegen überall Scheren rum, Kaspar hat vor ein paar Monaten von einem Kunden namens Messerli, ein Messerli geschenkt gekriegt, welches er immer griffbereit mit sich rumschleppt, nur damit er mir dauernd hilfreich zur Seite stehen kann. «Balkonia lass das, das schaffst du nicht» und mir wird liebevoll die eingeschweisste «Weltwoche» aus meinen empfindlichen Händchen – die allerdings prima dazu geeignet sind, ohne Schäden stundenlang in Blumenerde rumzuwühlen – zu nehmen und dieses mittlerweile etwas eigenartige Wochenmagazin fachgerecht aus seiner Plastikverpackung zu schälen.

In meinem gut organisierten Haushalt kann mir praktisch nichts mehr passieren. Aber ab und zu verlässt Balkonia die behüteten vier Wände um zum Beispiel unbewaffnete Freunde zu treffen. Einer fummelt grad ziemlich erfolglos an der neuen CD von Stephan Eicher rum, die ist logischerweise eingeschweisst. «Gib mal her», sage ich hilfsbereit und bin wieder Mal einen meiner Nägel los, jedenfalls zur Hälfte. Ganz toll finde ich immer die Aktionen beim Grossverteiler. Zwei Pakete Chäschüechli zum Preis von einem! Die beiden Päckli werden dann Rücken an Rücken zusammen eingeschweisst, was das Studium der Inhaltsangabe verunmöglicht. Nun haben Balkonias wenig Lust sich den Magen mit Antiklumpmitteln und zwanzig verschiedenen Es zu füllen, abgesehen davon möchte ich wissen, mit was für Fett der Kuchenteig gemacht wurde. Mit meiner Neugier handelt Balkonia sich den Verlust eines weiteren Fingernagels und die Rüge einer mürrischen Angestellten von Coop ein.

Ich verzichte auf Chäschüechli, obwohl ich die sehr gerne mag und such mir für das eingesparte Geld ein paar Blümchen beim Blumenhändler aus. Nein, Ruedi, kein Blumenpapier, schon gar keins aus durchsichtiger Folie, ich hab’ eine Verpackungsphobie. Jetzt weiss auch der Bluemebürgi, die Balkonia ist am durchdrehen. Er habe am Samstag im Schweizerhof für eine grosse Hochzeitsfeier den Blumenschmuck liefern können. Toll, sag ich, tolle Idee, dort setz ich mich jetzt hin, trink ein Glas Wein und schaue mir die Palmen an, die seit zwei Jahren für Südseeatmosphäre in Luzern sorgen. Palmen verbreiten Ferienstimmung, die ersten habe ich als Kind in Italien gesehen, damals gab es noch keine Verschweissmaschinen für Wochenzeitschriften, was das Leben eigentlich eher einfacher machte.

Bis bald, ich wünsche allen einen tollen Juli, möglichst unter Palmen und, wie gesagt, die findet man auch in Luzern. 

Viele liebe Grüsse, Eure Balkonia