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Gastkolumne vom Juni 2003

Zu unserer Monatspflanze, dem Eukalyptus, hat Balkonia ein eher gestörtes Verhältnis, irgendwie verträgt sich dieser duftende Baum mit mir nicht. Kaum hatte die kleine Balkonia mal einen Hustenanfall, wurde ihr eine Eukalyptuspastille in den Mund geschoben. Um den ersten Schock des aggressiven Geschmacks erträglich zu machen, hatte der liebevolle Hersteller dieser Pastillen, das zähe Zeugs mit einer rauen Zuckerschicht umhüllt. Aber irgendwann ist diese aufgeleckt und die Zunge fängt zu brennen an und ausspucken geht auch nicht, weil unsre Tante Auguste – kurz Tante Tante Gusti genannt – oder sonst wer aufpasst, dass Balkonia eben gerade das nicht tut. Kindsein ist schrecklich, geht aber vorüber.

In meinem Erwachsenenhaushalt gab es Eukalyptus nur in Form von Denosol, ein Erkältungsbad, mit dem ich aber auch kein Glück hatte. Eines Tages, es war August und sehr warm, kam unser Vater und meinte, dass es ihm irgendwie nicht gut gehe. Meine Schwester und ich diagnostizierten sofort einstimmig: Grippe! Dagegen hilft am besten ein Denosolbad, was wir ihm hilfsbereit zubereiteten. Uns zu Liebe setzte sich Papi schwitzend dort rein und wir versprachen ihm, dass wir ihm nach zehn Minuten beim Aussteigen aus der Wanne helfen würden. Alleine geht das nämlich nicht, denn Eukalyptusöl in einer Badewanne hat eine ähnliche Wirkung wie Schmierseife auf einem Plättliboden. Nach fünf Minuten hörten wir schwache Hilferufe aus dem Bad, befreiten unseren Vater aus dem rutschigen Gefängnis und riefen den Arzt. Im Spital hat man dann unseren schlüpfrigen und nach Eukalyptus stinkenden Vater untersucht und seinen Herzinfarkt erfolgreich behandelt; seither gibt es bei Balkonia kein Eukalyptusölbad mehr.

Aber diese Pflanze verfolgt mich beharrlich: Vor Jahren beschloss ich dem garstigen Schweizer Wetter zu entfliehen und den Winter in der Algarve zu verbringen. Ich packte Hund, Schreibmaschine und sommerliche Kleidung in mein Auto und gemächlich fuhren wir gen Süden, mieteten uns dort ein grosses Haus mit Pool und freuten uns auf einen sonnigen Winter. Die erste Nacht verbrachten John, der Hund, und ich Hand in Pfote schlotternd in feucht-kalter Bettwäsche und beschlossen als erstes Holz für das Chemine zu kaufen. Ja, meinte ein Bauer, prima Feuerholz, Eukalyptus, riecht wunderbar, wenn es brennt und gibt warm. Im Wohnzimmer gab es eine mannshohe Feuerstelle, links und rechts ein Bänkli und zu Füssen konnte man anfeuern. Fortan verbrachten John und ich die Abende in der Räucherkammer und beide rochen wir intensiv nach kalter, verbrannter Holzkohle. Duschen ging nicht, weil die Warmwasseraufbereitung über Solarstrom funktionierte und es regnete ununterbrochen. Seither gehe ich Grillpartys konsequent aus dem Weg, diesen Holzkohlegeruch bin ich nie ganz los geworden.

So, jetzt konnte Balkonia mal ihren Eukalyptusfrust los werden, ich wünsche allen einen sonnigen, warmen Juni und viel Spass bei gemütlichen Grillabenden.

 

Viele liebe Grüsse, Ihre Balkonia